Fernuni Hagen: Diskussion über Einführung eines klinischen Moduls beim Bachelor Psychologie

Klinische Psychologie

Aktuelle findet eine interessante Diskussion darüber statt, ob beim Bachelor-Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen auch der Bereich Klinische Psychologie integriert werden soll. Zurzeit läuft eine von Verena Wulf aus Trier auf openPetition gestartete Petition, die sich an den Fachbereich Psychologie der Fernuni Hagen richtet. Mit der Petition versucht man die Fernuni davon zu überzeugen, ein klinisches Modul im Bachelor-Studiengang Psychologie einzuführen, um die Voraussetzungen für die Bewerbung zu einem klinischen Master zu erfüllen.

Als Begründung wird angegeben, dass der Bachelor universell sein und zu jedem Master berechtigen soll. Dabei soll jeder Student alle Möglichkeiten haben, selbst wenn er sich zu Studienbeginn nicht direkt für einen klinischen Master entscheidet. Da der klinische Master jedoch sehr beliebt ist, würde die Einführung der klinischen Psychologie vielen Studenten entgegenkommen. Denn viele Absolventen möchten zwar gerne den klinischen Master machen, haben aber aus finanziellen, familiären, gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht die Möglichkeit, den entsprechenden Bachelor-Studiengang mit klinischen Inhalten an einer Präsenzuni zu absolvieren. Mit der Petition soll nun erreicht werden, dass dieser Schritt auch an der Fernuni Hagen möglich ist.

Die Petition umfasst zurzeit knapp Unterzeichner und kann noch bis zum 1. Dezember 2012 unterzeichnet werden. Die Debatte umfasst aktuell sechs Pro- und zwei Contra-Argumente, sowie zahlreiche Meinungen und Kommentare der Unterzeichner.

Obwohl die Forderungen nach Gleichberechtigung und mehr Möglichkeiten für Fernuni-Absolventen nachvollziehbar ist, stellt sich dennoch die Frage: Macht es wirklich Sinn, den klinischen Bereich in den Bachelor-Studiengang Psychologie zu integrieren? Schließlich sollte es doch gute Gründe geben, weshalb dies dato noch nicht der Fall ist.

Diese Frage lässt sich wohl nicht einfach so auf die Schnelle klären, daher versuche ich die Forderungen der Petition den Argumenten der Fernuni gegenüberzustellen und zu sehen, was dabei herauskommt. Denn ehrlich gesagt habe ich mir auch noch keine eindeutige Meinung bilden können, ob klinische Inhalte eines regulären Psychologie-Studiengangs auch in einem Fernstudiengang richtig vermittelbar sind. Der Bachelor Psychologie an der Fernuni Hagen war aus genau diesem Grund auch kein „richtiger“ Psychologie-Studiengang für mich.

Ich habe mein Studium damals in Wirtschaftspsychologie gemacht und im Bereich Psychologie ähnliche Inhalte, wie an der Fernuni Hagen gehabt. Mit klinischer Psychologie, die dazu berechtigt, die z.B. zur Erkennung und Behandlung psychischer Störungen qualifiziert, hat das aber nichts zu tun.

Wie sieht also der Status quo an der Fernuni Hagen aus? Welche Inhalte vermittelt der Bachelor-Studiengang Psychologie? Was kann man mit dem Abschluss aktuell anfangen? Und warum ist klinische Psychologie (noch) kein Bestandteil des Studiengangs?

Der Bachelor-Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen

Der Studiengang Bachelor Psychologie (B.Sc.) an der Fernuni Hagen führt zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Fach Psychologie und vermittelt neben einer fundierten Ausbildung in den traditionellen psychologischen Grundlagenfächern, drei  Anwendungsfächern , sowie eine inhaltsübergreifende Ausbildung in Methodenlehre und psychologischer Diagnostik. Die Studiendauer beträgt 6 Semester im Vollzeitstudium, bzw. 12 Semester im Teilzeitstudium, wobei die Teilzeitvariante bevorzugt gewählt wird.

Die Studieninhalte sind modular in die drei Phasen Einführung, Grundlagen- und Forschungspraxis, sowie Anwendung und Nebenfach unterteilt:

Einführung
Einführung in die Psychologie, ihre Methoden und Techniken wissenschaftlichen Arbeitens15 ECTS
Methoden der empirischen Sozialforschung, Statistik und computergestützte Datenanalyse15 ECTS
Grundlagen und Forschungspraxis
Allgemeine Psychologie und biologische Grundlagen15 ECTS
Sozialpsychologie15 ECTS
Entwicklungspsychologie15 ECTS
Praxis psychologischer Forschung10 ECTS
Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik15 ECTS
Anwendung und Nebenfach
Arbeits- und Organisationspsychologie15 ECTS
Pädagogische Psychologie15 ECTS
Sozialpsychologische Gemeindepsychologie15 ECTS
Nichtpsychologisches Wahlpflichtmodul15 ECTS

Die Inhalte orientieren sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs). Da der Psychologie-Studiengang der Fernuni Hagen akkreditiert ist, ist zudem belegt, dass er den für die Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland festgelegten Qualitätskriterien entspricht.

Der Psychologie-Studiengang weist ein spezifisches Profil aus, bei welchem die kultur- und sozialwissenschaftlichen Wurzeln der Psychologie im Vordergrund stehen. Zur inhaltlichen Weiterentwicklung der Psychologie in gesellschaftlich relevanten Anwendungskontexten wurde im Rahmen der Anwendungsfächer das Modul Sozialpsychologische Gemeindepsychologie integriert, welche durch Lehre und Forschung der kultur- und sozialwissenschaftlichen Profilierung des Studiengangs Rechnung trägt.

Neben den Grundlagen- und Anwendungsfächern wird Wissen über die fachgeschichtliche Entwicklung vermittelt. Zu den wesentlichen Ausbildungsbestandteilen zählen dabei auch die Anleitung zur kritisch-reflektierten Auseinandersetzung mit ethischen Aspekten psychologischer Forschung und Anwendung.

Module in Klinischer Psychologie werden an der Fernuni jedoch nicht als Anwendungsfach angeboten. Als Begründung heißt es, dass es am Institut kein Lehrgebiet für Klinische Psychologie gibt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Psychologie geht der Studienplan für den „B.Sc. in Psychologie“ von drei Anwendungsfächern aus. Die Definition und Auswahl der Anwendungsfächer bleibt den einzelnen Instituten überlassen. Die Fernuni Hagen hat für sich die Anwendungsfächer Arbeits- und Organisationspsychologie, Pädagogische Psychologie und Sozialpsychologische Gemeindepsychologie festgelegt.

Entsprechend den Anwendungsfächern des Bachelor-Studiengangs gestaltet sich auch der inhaltliche Schwerpunkt des anwendungsorientierten Master-Studiengang in Psychologie (M.Sc.). Dieser wird an der Fernuni Hagen seit dem Sommersemester 2012 angeboten. Zwar werden hier im Rahmen des dritten Moduls „Gesundheitsförderung, Stressbewältigung und Prävention“ neben Grundlagen auch anwendungsorientierte gesundheitspsychologische Inhalte vermittelt, Klinische Psychologie steht jedoch auch beim Master-Studiengang nicht auf dem Programm.

Da Klinische Psychologie weder beim B. Sc. oder M.Sc. Psychologie Bestandteil des Curriculums ist, besteht auch keine Möglichkeit, Klinische Psychologie an der Fernuni Hagen zu studieren. Selbst, wenn man bereits an anderen Universitäten Klinische Module belegt hat, können diese nicht anerkannt werden, da es an der Fernuni kein Äquivalent, bzw. inhaltlich entsprechende Module gibt.

Zielgruppen und Berufsfelder der Psychologie-Studiengänge an der Fernuni Hagen

Mit dem Bachelor-Studiengang erwirbt man einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Fach Psychologie. Die erworbenen Kenntnisse qualifizieren für berufliche Tätigkeiten in der psychologischen Beratung, Interventionsplanung und Maßnahmenevaluation in Bildungs-, Wirtschafts- und Verwaltungsorganisationen, sowie im Gesundheits- und Sozialwesen.

Im Vordergrund der psychologischen Tätigkeiten steht die Förderung folgender Aspekte:

  • Psychosoziales Wohlbefinden
  • Soziales Konfliktmanagement
  • Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung
  • Positives Altern

Nach Abschluss des Bachelor-Studiengangs in Psychologie darf man jedoch nicht die Berufsbezeichnungen „Psychologe“ oder „Psychologischer Psychotherapeut“ tragen. Es darf lediglich die Abschlussbezeichnung „Bachelor of Science“ (B.Sc.) ohne fachliche Zusätze verwendet werden. Als Psychologe darf man sich erst nennen, wenn man den Master in Psychologie erfolgreich bestanden hat. Um Psychologischer Psychotherapeut zu werden, muss man eine entsprechende postgraduale Ausbildung absolvieren, die einen aufbauenden Master-Studiengang in Klinischer Psychologie beinhaltet.

Bewerbung für einen aufbauenden Master-Studiengang in Psychologie

Klinische Psychologie

Zwar liefert der Bachelor-Studiengang Psychologie mit dem Abschluss Bachelor of Science die nötige Qualifikationsgrundlage für die Aufnahme eines Master-Studiengangs in Psychologie, allerdings bedeutet das nicht, dass man an jeder deutschen oder europäischen Hochschule die nötigen inhaltliche Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.

Auch an der Fernuni Hagen ist der Master-Studiengang zulassungsbeschränkt. So muss man den Abschluss Bachelor of Science in Psychologie mit der Gesamtnote 2,49 oder besser nachweisen können. Natürlich kann man sich mit dem B.Sc.-Abschluss auch für Master-Studiengänge in Psychologie an anderen Hochschulen bewerben.

Wird z.B. eine Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten angestrebt, ist dies zurzeit per Fernstudium nicht möglich. An Präsenzuniversitäten können für die Zulassung jedoch zusätzliche Zulassungskriterien, wie z.B. ein bestimmter Nummerus Clausus oder eine bestimmte Anzahl an Leistungspunkten in einem bestimmten Fach, wie z.B. in Klinischer Psychologie, erforderlich sein. Welche Voraussetzungen genau erfüllt werden müssen, legt jede Hochschule selbst fest.

Der Übergang von einem an der Fernuni Hagen erworbenen B.Sc. Psychologie zum Masterstudium an einer anderen Präsenzuniversität könnte demnach schwer bis unmöglich werden, z.B. wenn man einen Master in Klinischer Psychologie anstrebt. Die Fernuni Hagen empfiehlt daher, sich rechtzeitig über die Anforderungen an der gewünschten Universität zu informieren. Möchte man sich später im Bereich Klinischer Psychologie weiterqualifizieren oder Psychotherapeut werden, reicht der Bachelorabschluss an der Fernuni nicht aus.

Auf der Website der Fernuni Hagen heißt es dazu ausdrücklich:

„Studierende mit dem Ziel, im klinischen Bereich tätig zu werden, wird nicht dazu geraten, ein Studium der Psychologie in Hagen zu wählen. Die FernUniversität kann nicht gewährleisten, dass Weiterqualifikationen im klinischen Bereich absolviert werden können.“

Die gestartete Petition will nun dafür sorgen, dass man auch mit dem Bachelorabschluss Psychologie an der Fernuni die nötigen Zulassungsvoraussetzungen für einen Master-Studiengang in Klinischer Psychologe erfüllt. Denn selbst, wenn sich der Berufswunsch, später im Klinischen Bereich tätig zu sein, erst während der Studienzeit entwickelt, sollen die Bachelor-Absolventen an der Fernuni dieselben Chancen auf einen Klinischen Master haben, wie andere Psychologie-Studenten.

Macht die Einführung des Moduls Klinische Psychologie im Bachelor-Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen nun Sinn? Welche Gründe dafür und dagegen sprechen, soll im Folgenden erörtert werden.

Pro: Warum sollte das Modul Klinische Psychologie eingeführt werden?

Pro-Argumente

Die Befürworter der Petition argumentieren, dass der Klinische Bereich zum Psychologen einfach dazugehört. Ein Psychologie-Studiengang ohne Klinische Psychologie sei demnach nicht „vollständig“, bzw. weniger wert. Diesbezüglich stellt sich auch die Frage, welchen Wert ein „Psychologe“ ohne Kenntnisse in Klinischer Psychologie bei Arbeitgebern, Patienten etc. besitzt. Selbst, wenn man später nicht im klinischen oder therapeutischen Bereich tätig sein möchte und keine psychischen Krankheiten behandeln wird, so sollte man diese doch zumindest kennen.

Häufig genannt wird natürlich auch das Argument, dass eine gewisse Anzahl an Leistungspunkten in Klinischer Psychologie an Präsenzuniversitäten als Zulassungsvoraussetzung für den Master dient. Und schließlich war es doch die Grundidee des im Zuge des Bologna-Prozesses eingeführten Bachelor/Master-Systems, dass man mit dem Bachelor einen ersten berufsqualifzierenden Abschluss erlangt, mit dem es möglich ist, sich in einem aufbauenden Master-Studiengang z.B. in Klinischer Psychologie zu spezialisieren. Demnach solle jeder Bachelor-Absolvent in Psychologie zumindest in der Theorie die Zulassungsvoraussetzungen für entsprechende Master-Studiengänge erfüllen.

Zurzeit empfinden es viele Studenten als nicht fair, dass der Bachelor-Studiengang Psychologie nicht einheitlich ist und man mit dem Abschluss nicht jeden Master-Studiengang belegen kann. Viele empfinden dies als Versagen des Bachelor/Master-Systems in Deutschland, da einem nach dem Bachelor gerade nicht jede Möglichkeit offen steht.

Würde die Fernuni Hagen den Bereich Klinische Psychologie nun als Pflicht- oder zumindest als Wahlpflichtmodul einführen, ergäben sich für die Bachelor-Studenten weitaus mehr Möglichkeiten für ein aufbauendes Masterstudium.

Bei der Frage, ob man die Lehrinhalte in Klinischer Psychologie überhabt per Fernstudium vermitteln kann, zeigen sich viele Befürworter der Petition zuversichtlich. Demnach solle sich Klinische Psychologie angeblich genauso, wie jedes andere Fach, auch per Fernstudium lernen lassen. Schließlich werden Diagnosen und Studienergebnisse auch nur auswendig gelernt und richtige Therapien am Patienten finden auch nicht statt. Da es durchaus möglich sein soll, den Klinischen Teil an der Fernuni zu integrieren, wird nun versucht, den Fachbereich Psychologie von dem Vorhaben zu überzeugen.

Contra: Was spricht gegen die Einführung des Moduls Klinische Psychologie?

Contra-Argumente

Doch nicht alle erachten die Einführung eines klinischen Moduls an der Fernuni Hagen für sinnvoll. Als Gegenargument wird z.B. oft genannt, dass das Studienkonzept der Fernuni bewährt ist und der Bachelor in Psychologie nun mal nicht auf Berufsfelder in der Klinischen Psychologie vorbereitet. Auch wenn man mit dem Abschluss nicht Psychotherapeut werden kann, so gäbe es zahlreiche verwandte Berufe, für die man sich qualifizieren könne.

Der B.Sc. Psychologie an der Fernuni sei demnach nicht „unvollständig“, sondern lege einfach andere Schwerpunkte, als im Klinischen Bereich. Durch die Akkreditierung wird belegt, dass der Bachelor Psychologie an der Fernuni die festgelegten Qualitätskriterien für Studiengänge in Deutschland erfüllt. Die Inhalte orientieren sich, genauso, wie die Studiengänge an Präsenzuniversitäten an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Und diese sagt nicht, dass der Bachelor-Studiengang zwingend Inhalte in Klinischer Psychologie benötigt.

Und das potenzielle Fächerspektrum ist breit.  Zu den etablierten Anwendungsfächern zählen z.B.:

  • Arbeits- und Organisationspsychologie
  • Forensische Psychologie und Kriminalpsychologie/Rechts-psychologie
  • Gesundheitspsychologie
  • Klinische Psychologie und Psychotherapie
  • Markt- und Werbepsychologie
  • Medienpsychologie
  • Pädagogische Psychologie
  • Umweltpsychologie und Verkehrspsychologie

Ergänzend dazu wird auch eine Vielzahl neuer Anwendungsgebiete eingeführt, darunter u.a.:

  • Evaluation
  • Prävention und Rehabilitation
  • Entwicklungspsychopathologie
  • Klinische Psychologie mit Biologischer oder Allgemeiner Psychologie

Die Empfehlung der DGPs lautet lediglich:

„An einem Standort sollten die Anwendungsfächer im Bachelor- und in den Masterstudiengängen aufeinander abgestimmt werden, so dass die im Master angebotenen Anwendungs- bzw. Grundlagenfächer bereits durch die im Bachelor angebotenen Fächer vorbereitet werden.“

Gleichzeitig sollte speziell im Rahmen des Bachelor-Studienganges eine möglichst breite Repräsentation  des Fächerspektrums angestrebt werden. Im Bachelor-Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen werden neben den Grundlagenfächern der Psychologie die drei Anwendungsfächer Arbeits- und Organisationspsychologie, Pädagogische Psychologie und Sozialpsychologische Gemeindepsychologie („Community Psychology“) angeboten.

Mit der Integration des Moduls „Community Psychology“ in das Curriculum des Bachelor-Studiengangs trägt die Fernuni der Empfehlung zur Innovation, bzw. der Einführung neuer Anwendungsgebiete Rechnung, indem sie die inhaltliche Weiterentwicklung der Psychologie in gesellschaftlich relevanten Anwendungskontexten fördert.

Ebenfalls der Empfehlung der DGPs entspricht, dass die Anwendungsfächer des Master-Studiengangs an der Fernuni Hagen denjenigen des Bachelor-Studiengangs entsprechen. Wäre der Master-Studiengang darauf ausgerichtet, dass die Absolventen die Eingangskriterien für die postgraduale Weiterbildung nach dem Psychotherapeutengesetz erfüllen, hätte die Fernuni ein Modul in Klinischer Psychologie und Psychotherapie im Umfang von 8-12 ECTS anbieten müssen.

Aber genau dieses Ziel verfolgt der Master-Studiengang nicht. Stattdessen qualifiziert er für:

„[…] eigenverantwortliche berufliche Tätigkeiten im Beratungs- und Bildungswesen (z.B. der Unternehmensberatung, der Beratung von Bildungsinstitutionen, der Politikberatung) bzw. der Anwendung psychologisch-diagnostischer Verfahren, der Durchführung psychologischer Interventionen und der Maßnahmenevaluation in Bildungs-, Wirtschafts- und Verwaltungsorganisationen oder im Gesundheits- und Sozialwesen.“

Fakt ist somit: Der Bachelor- und Master-Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen ist aufeinander abgestimmt und verfolgt nicht das Ziel, die Studenten zum Psychotherapeuten auszubilden. Da viele an dem Studiengang, so wie er ist, nichts Falsches finden, sei die Petition nicht sinnvoll. Würde man im Bachelor-Studiengang das Modul Klinische Psychologie anbieten, müsste man diesen Bereich auch im Master einführen. Schließlich ist die Fernuni bestrebt, ihre Studenten zu halten und nicht nach dem Bachelor-Abschluss an eine Präsenzuni zu verlieren. Würde der Bereich Klinische Psychologie nur im Bachelor-Studiengang eingeführt werden, würde sich die Fernuni Hagen ins eigene Fleisch schneiden, auch wenn den Studenten damit mehr Möglichkeiten offen stehen würden.

Die Gegner der Petition führen als Contra-Argument zudem die prekäre Betreuungssituation an. Anstatt ein klinisches Modul einzuführen solle mit frei gewordenen Mitteln „erst einmal die jetzige Situation verbessert werden“, indem man z.B. die Fehler in den Studienbriefen korrigiert. Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass die Fernuni Hagen die einzige staatliche Fernuniversität in Deutschland ist. Das hat zwar den Vorteil, dass die Fernstudiengänge wesentlich günstiger, als bei privaten Anbietern sind, die finanziellen Mittel dabei aber auch wesentlich geringer ausfallen.

Mit 13.379 Studierenden war der Bachelor-Studiengang Psychologie im Sommersemester 2012 der Studiengang mit dem meisten Zulauf. Kein Wunder, schließlich kostet das Studium „nur“ ca. 1.800 Euro und kann nebenberuflich absolviert werden. Da Psychologie ohnehin zu den beliebtesten Studiengängen zählt, wundert es nicht, dass der Bachelor-Studiengang an der Fernuni auch ohne das Modul Klinische Psychologie aus allen Nähten platzt. Würde man diesen Bereich nun ergänzen, sähe die Situation wahrscheinlich noch viel schlimmer aus. Insofern dürfte die Fernuni nicht daran interessiert sein, die Situation noch freiwillig zu verschärfen.

Zudem wird mit der Einführung der Klinischen Psychologie befürchtet, dass der Fernuni-Abschluss dann weniger wert ist. Da es für den Bachelor in Psychologie keinen NC gibt, zählt der Studiengang bereit jetzt viele Studierende, die zwar gerne an einer Präsenzuni studieren würden, aber den geforderten NC nicht erfüllen. Studierende, die sich später in der Klinischen Psychologie spezialisieren möchten, müssen zurzeit an eine Präsenzuni gehen und dort für die Zulassung ein bestimmtes Noten-Niveau erfüllen. Würde die Fernuni den klinischen Bereich nun mit abdecken, würde der Zulauf an Studenten, die den NC für eine Präsenzuni nicht erfüllen vermutlich wesentlich höher ausfallen, was die Qualität des Abschlusses mindern könnte.

Auch wenn man nachvollziehen kann, dass Inhalte in Klinischer Psychologie gewünscht werden, so halten viele Gegner der Petition das Modul im Rahmen eines Fernstudiums für nicht angemessen. Wer sich im Studienverlauf auf die Klinische Psychologie fokussieren will, soll Prioritäten setzen und das Studium an einer Präsenzuni absolvieren.

Fazit

Dafür oder dagegen?

Ich persönlich finde die aktuelle Debatte sehr interessant und unterstütze prinzipiell auch den Vorstoß, eine Petition zu starten und über das Thema zu diskutieren, da die Diskussion auch einen aufklärenden Charakter hat. Mich hat das Thema Psychologie auch schon immer interessiert, weshalb ich mich damals für ein Studium der Wirtschaftspsychologie entschieden habe, um meine kaufmännische Ausbildung mit psychologischen Inhalten zu verbinden.

Als ich mich vor Aufnahme des Wiwi-Fernstudiums mit dem Studienangebot der Fernuni Hagen auseinandergesetzt habe, hat mich bereits damals gestört, dass dort keine klinischen Inhalte angeboten werden. Insofern ist der Studiengang, so wie er jetzt ist, etwas mit meinem Wirtschaftspsychologie-Studium zu vergleichen, wo man sich im Studienverlauf auf die Anwendungsgebiete Arbeits- und Organisationspsychologie, Markt- und Werbepsychologie, sowie Umweltpsychologie und Verkehrspsychologie spezialisieren konnte.

Dass das nichts mit der Behandlung psychischer Störungen zu tun hat, war mir von Anfang an klar. Aber schließlich handelte es sich ja auch um einen „Misch-Studiengang“ aus BWL und Psychologie. Doch auch wenn man vermuten dürfte, dass die Klinische Psychologe in einem reinen Psychologie-Studiengang im Curriculum integriert sein dürfte, so zeigt doch der Fall der Fernuni Hagen, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss.

Das Fächerspektrum in der Psychologie ist einfach so breit aufgestellt, dass man es nicht jedem Recht machen kann. Die Fernuni hat sich für drei Anwendungsgebiete entschieden und die Klinische Psychologie ist nun mal nicht dabei. Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt möglich wäre, diesen Bereich per Fernstudium zu vermitteln, jedenfalls halte ich es für nicht wahrscheinlich, dass die Fernuni die Klinische Psychologie als Modul einführen wird.

Zum Einen halte ich es für äußerst fraglich, ob der Bachelor-Studiengang dann immer noch NC-frei bleiben würde. Psychologie ist der beliebteste Studiengang an der Fernuni und macht einen Großteil der Einnahmen durch Studiengebühren aus. Mit einem NC würde sich die Fernuni finanziell ins eigene Fleisch schneiden, ohne NC könnte sich die Qualität des Abschlusses verschlechtern, wenn noch mehr Studenten kommen, die die Voraussetzungen für eine Präsenzuni nicht erfüllen. Letztendlich könnte das dem Ruf der Fernuni schaden.

Zudem müsste auch der erst im Sommersemester 2012 eingeführte Master-Studiengang in Psychologie umgebaut werden und ebenfalls den Klinischen Bereich abdecken, da die Fernuni ansonsten riskieren würde, dass viele Bachelor-Absolventen an Präsenzunis abwandern. Und das kann ja schließlich nicht das Ziel sein.

Ich kann die Befürworter der Petition verstehen und nachvollziehen, dass man mit dem Bachelor-Abschluss alle Möglichkeiten für einen aufbauenden Master-Studiengang haben will. Ich kann auch verstehen, dass für viele ein Traum platzt, die nach dem Bachelor leider nicht für einen Master zugelassen werden, wo sich in Klinischer Psychologie weiterbilden könnten. Und aus finanziellen, persönlichen oder gesundheitlichen Gründen ist es nun mal nicht allen möglich gewesen, von Anfang an einer Präsenzuni studieren.

Allerdings halte ich das Bachelor/Master-Angebot der Fernuni in Psychologie für „rund“. Die Studiengänge sind inhaltlich aufeinander abgestimmt und es ist nun mal nicht zwingend erforderlich, dass ein Psychologie-Studium auch den klinischen Bereich abdecken muss. In Anbetracht dessen, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Fernuni dieses System auf den Kopf stellt und das System auch keine Fehler aufweist, werde ich die Petition nicht unterzeichnen.

Die Fernuni weist explizit darauf hin, dass der Bachelor-Studiengang keine vertiefenden Module im Bereich der klinischen Psychologie anbietet. Wer sich die Möglichkeit offen halten möchte, später in diesem Bereich tätig zu sein, sollte den Bachelor besser an einer Präsenzuni machen.

Auch wenn ein Präsenzstudium finanzielle, zeitliche und berufliche Einschränkungen mit sich bringt: Man muss Prioritäten setzen und entscheiden, was für die persönliche Zukunft und spätere berufliche Laufbahn letztendlich schwerer wiegt.

Über den Autor

Alicia
Hier schreibt Alicia, 36 aus dem schönen Geesthacht an der Elbe. Im WS 2010/11 habe ich ein WiWi-Fernstudium an der Fernuni-Hagen begonnen - Und bereits nach 18 Monaten erfolgreich abgebrochen. Die Gründe: Eine voreilige Entscheidung, berufliche Veränderungen und die Einsicht, dass nicht jeder der geborene Fernstudent ist. In meinem Blog berichte ich über persönliche Erfahrungen, Eindrücke, Probleme und Fragen aus meiner Fernstudienzeit, sowie allgemeine Informationen und News rund um das Thema Fernstudium und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge. Mein Ziel ist es, Studieninteressierte bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, damit das Projekt Fernstudium auch ein nachhaltiger Erfolg wird.

2 Kommentare zu "Fernuni Hagen: Diskussion über Einführung eines klinischen Moduls beim Bachelor Psychologie"

  1. hallo, danke für den beitrag, hat mir die augen geöffnet.

  2. Hallo,
    dein Beitrag liest sich sehr interessant.
    Ich denke aber, dass Hagen sich keine Gedanken um fehlende Masterstudenten machen muss.
    Erstens sind die Plätze an den Präsenzunis limitiert, vor allem für klinische Psychologie und zweitens bleiben viele auch in Hagen, wenn sie dort den Bachelor schaffen. Es gibt ja eine Menge die berufstätig sind oder schon älter oder andere Verpflichtungen im Leben haben.
    Ich selbst bin sehr froh dass es die Möglichkeit in Hagen gibt, ob mit oder ohne klinische PS.
    Man hat dort immerhin die Möglichkeit eines der beliebtesten Studiengänge, die auf dem Weg der Präsenzunis sehr stark zulassungsbeschränkt sind, bequem von zuhause aus zu studieren. Eben nur mit dem Manko, dass ein Teilbereich nicht dabei ist.
    Aber die Psychologie ist sehr manigfaltig und es gibt auch andere, spannende Bereiche.
    Es ist auch super, dass sie einen Master eingeführt haben.
    Damit bietet sich für viele Menschen doch noch die Chance, ihr Traumstudium zu studieren.

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