Ein Fernstudium ist der beste Beweis dafür, dass Lernen nicht an feste Zeiten und Orte gebunden sein muss.
Flexibilität ist im digitalen Zeitalter so wichtig wie nie zuvor. Als Fernstudent erhält man zwar immer noch schriftliche Unterrichtsmaterialien nach Hause zugeschickt, allerdings wird der Unterrichtsstoff zunehmend digitalisiert.
Einige Fernhochschulen bieten sogar den kompletten Lernstoff sowohl in Schriftform, als auch digital zur Verfügung. Ähnlich verhält es sich mit den Veranstaltungen. Zwar wird es wohl immer einen gewissen Präsenzanteil geben (z.B. zum Ablegen der Prüfungen), doch sind Online-Seminare und digitale Planspiele schon längst fester Bestandteil der Curricula geworden.
Online Lernen ist absolut im Trend – Nicht nur im Fernstudium. Einige sind der Meinung, dass E-Learning in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Gestaltung von Weiterbildungsangeboten einnehmen wird oder traditionelle Präsenzveranstaltungen und Vorlesungen womöglich sogar ganz verdrängt.
Der Computer als un verzichtbarer Lernpartner? Ist das nicht etwas übertrieben? Die Wissensplattform Lecturio, die e-Vorlesungen und e-Vorträg zur Verfügung stellt, hat zu diesem Thema eine Blogparade ins Leben gerufen, an der ich mich gerne beteiligen möchte.
Folgende Fragen stehen dabei im Fokus:
- Könnt ihr euch vorstellen, dass wir in ein paar Jahren nur noch online mit Hilfe digitaler Medien lernen?
- Wird es in 20 Jahren keine Unis mit Präsenzvorlesungen mehr geben?
- Was sind für euch persönlich die Vorteile beim E-Learning?
Blick in die Zukunft: Nur noch online mithilfe digitaler Medien lernen?
Die Frage ist zunächst, wie weit der Blick in die Zukunft ragen soll. Wenn bedenkt, dass es das Internet für den Otto-Normal-Verbraucher auch erst seit Anfang der 90er gibt, so ist in Zukunft alles denkbar.
Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass man in „ein paar Jahren“ nur noch mithilfe digitaler Medien lernen wird. E-Learning erfuhr durch die Verbreitung des Internets seit Ende der 90er Jahre einen starken Aufschwung, der mit Sicherheit noch anhalten wird.
Mittlerweile verfügt nahezu jeder Haushalt über eine Internetverbindung und auch der Umgang mit den verschiedenen Plattformen (Computer, Smartphone, Tablet) und Medien wird zusehends geschulter.
E-Learning bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich (siehe Frage 3), die das Lernen auch in Zukunft nachhaltig werden. Der Online-Anteil wird daher gerade im Fernstudium-Bereich, aber auch bei klassischen Studien- und Weiterbildungsangeboten, wohl größer werden.
Hierbei stellt sich jedoch die Frage, welche Formen das E-Learning annimmt. Ob es in naher Zukunft auf rein virtuelles Lernen ohne signifikante Präsenzanteile hinausläuft, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube vielmehr, dass vor allem die Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen mit modernen Formen des E-Learning angestrebt wird (Blended-Learning).
Vor allem beim praktischen Lernen von Tätigkeiten kommt man um Präsenzphasen nicht herum. Zudem bietet ist die Face-to-Face-Kommunikation auch aus sozialen Aspekten nicht zu vernachlässigen.
Virtuelle Klassenzimmer, der Online-Campus, Learning Communities etc. fördern zwar die Interaktion zwischen Professoren, Dozenten und Kommilitonen. Den persönlichen Kontakt werden sie meiner Meinung nach aber niemals vollständig ersetzen können.
Ich denke, dass gerade die Präsenzphasen für viele Fernstudenten eine willkommene Abwechslung sind. Und auch im „normalen“ Studienalltag sind es doch gerade die Vorlesungen, Seminare und Gruppenarbeiten, die einen wesentlichen Teil des Studentenlebens ausmachen.
Auch wenn lange Fahrtwege lästig sind und man im Nachhinein denkt, dass man sich die ein oder andere Vorlesung hätte sparen können, so empfinde ich den Gedanken an ein reines Online-Studium eher abschreckend.
Ich habe beides ausprobiert und sowohl ein Präsenzstudium absolviert, als auch ein Fernstudium angefangen (und nach 10 Monaten wieder abgebrochen). Die Entscheidung für ein Fernstudium fiel eher aus der Not heraus, weil ich keine längeren Jobauszeiten und Gehaltseinbußen in Kauf nehmen wollte.
Im direkten Vergleich gefiel mir das Präsenzstudium gerade aufgrund des Campuslebens, sowie dem direkten Kontakt zu Lehrkräften und anderen Studenten wesentlich besser. Ich halte E-Learning für eine sinnvolle Ergänzung, aber nicht für den Ersatz von schriftlichen Lernmaterialen oder Präsenzphasen. Fest steht: Der große Vorteil am Online-Lernen besteht darin, dass man „das Haus nicht verlassen“ muss und zum Großteil lernen kann, wann man will.
Dieser Vorteil spielt gerade bei Weiterbildungsangeboten eine entscheidende Rolle, da berufstätige und zeitlich eingespannte Personen auf eine hohe Flexibilität angewiesen sind. Daher wird der Online-Anteil an Studiengängen und Weiterbildungsangeboten in Zukunft mit Sicherheit steigen.
Laut Fernunterrichtsstatistik 2011 beträgt der Anteil an E-Learning-Angeboten bei den staatlich zugelassenen Fernlehrgängen bereits jetzt 75 Prozent. Und auch im Kontext der Einführung weiterbildender Online-Master-Studiengänge an zahlreichen Hochschulen spielt virtuelles Lernen eine wachsende Rolle.
Heute tendiert man jedoch noch eher dazu, E-Learning als reine Ergänzung zur Präsenzlehre anzusehen. Doch die rasante technologische Entwicklung wird die Entwicklung von E-Learning-Programmen zukünftig in noch größerem Ausmaß fördern. Die Herausforderung wird dann darin bestehen, den Fokus auf die eigentlichen Lerninhalte zu lenken und sich nicht in technologischen Aspekten zu verlieren.
Zudem gilt es für den effektiven und effizienten Einsatz von E-Learning auch die Schlüsselkompetenzen der Anwender zu fördern, sprich Medien-, Informations- und Computerkompetenz. Denn was nützt einem die beste Online-Anwendung, wenn man sie nicht versteht.
Zurück zur Frage: „Könnt ihr euch vorstellen, dass wir in ein paar Jahren nur noch online mit Hilfe digitaler Medien lernen?„. Meine Antwort: In ein paar Jahren sicherlich (noch) nicht. Die technischen Möglichkeiten werden dann vielleicht bestehen, doch müssen Menschen mit der Entwicklung mitwachsen (wollen).
Gibt es in 20 Jahren keine Unis mit Präsenzvorlesungen mehr?
20 Jahre sind ein ziemlich großes Zeitfenster. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass bis dahin zwar nicht alle, aber ein Großteil der Präsenzvorlesungen durch Online-Vorlesungen abgelöst wird.
Voraussetzung hierfür ist die etappenweise Erweiterung von E-Learning-Anteilen. Das Internet spielt bei Präsenzstudiengängen bereits jetzt eine nicht unerhebliche Rolle. Ob zur Recherche, zum Download von Studienmaterialien oder als Kommunikationsmittel via E-Mail, Chatrooms oder Foren – Online-Aktivitäten nehmen bereits einen gewissen Teil der Unterrichtszeit ein.
Bei einigen Studiengängen ist es durchaus denkbar, den Web-Anteil im Verhältnis zu Nicht-Webaktivitäten weiter zu steigern. So könnte man neben Präsenzunterricht und traditionellen Lernmaterialien eine interaktive Lernumgebung schaffen, bzw. ausbauen, wo z.B. Arbeitspläne, Übungen und Aufgaben abgerufen werden können. Auch die Arbeit an Gruppenarbeiten, Referaten und Präsentationen kann dann über gemeinsame Web-Aktivitäten erfolgen.
Durch den schrittweisen Ausbau von E-Learning-Anteilen haben auch die Nutzer die Chance, sich die erforderlichen Kompetenzen anzueignen. Der technische Zugang, bzw. die Installation erforderlicher Software sind eine Sache. Die persönliche Motivation, E-Learning überhaupt einsetzen und auch nutzen zu wollen, ist hingegen das A und O für den Erfolg.
Wer mit E-Learning schlechte Erfahrung macht, ist schnell frustriert und demotiviert. Daher gilt es neben technischen, auch die motivationalen Hürden zu nehmen. Der Nutzer muss für sich den persönlichen Nutzen von E-Learning erkennen und das Online-Lernen zu einem festen Bestandteil des persönlichen Lernprozesses machen.
Ich persönliche habe während meiner Fernstudienzeit auf die Online-Vorlesungen von Lecturio zurückgegriffen, um mein Mathe-Grundwissen aufzufrischen. Grund: Ich kam mit den Büchern und Lernheften nicht sonderlich gut klar. In den Online-Lernvideos hingegen wurde alles Schritt für Schritt verständlich erklärt. Ich konnte das Video anhalten, wann ich wollte, mir Notizen machen und sogar Fragen stellen, die zeitnah beantwortet wurden. Dies empfand ich als Bereicherung und sinnvolle Ergänzung zum schriftlichen Lernstoff.
Dennoch hätte ich mir nicht vorstellen können, ein komplettes Studium online zu absolvieren. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich bereits beruflich ständig im Internet unterwegs bin und mich freue, etwas Haptisches vor mir zu haben. Einige Module waren zwar auch digital als PDF verfügbar, doch ich habe viel lieber mit den Heften gelernt, wo ich Passagen mit bunten Textmarkern unterstreichen und Vermerke notieren konnte.
Auch das Lernen in Bus und U-Bahn zählte nicht zu meinen Favoriten, da die Konzentration zwischen Kinderlärm, Geruchsbelästigung und Techno-Beats verständlicherweise nachlässt.
Für Leute, die gerne unterwegs mit Smartphone oder Tablet lernen, sind digitale Materialien natürlich super. Ich denke, dass jeder Student die Wahl haben sollte, wie er am besten lernt und nicht zum Einsatz von E-Learning gezwungen werden sollte – Zumindest was die schriftlichen Lernmaterialien angeht.
Im Verlauf der nächsten 20 Jahre ist es gut vorstellbar, dass E-Learning immer freier und flexibler genutzt wird. Und das nicht nur in Bezug auf die Nutzung des online angebotenen Materials. Auch das kooperative Lernen (von und miteinander) zwischen den Teilnehmern könnte intensiver werden.
In Fernstudiengängen und einigen Präsenzstudiengängen könnten wir in 20 Jahren theoretisch soweit sein, dass die Wissensvermittlung rein online erfolgt. Dies würde jedoch auch mit höheren Anforderungen an die Selbstorganisation des Lernens einhergehen. Sowohl Studenten, als auch Hochschulen müssten bis dahin über ausreichend Kompetenz verfügen, sich dieser Verantwortung zu stellen.
Dass Präsenzhochschulen in 20 Jahren komplett überflüssig sind, kann man wohl zu 100 Prozent verneinen. So ist z.B. Laborforschung bei Studienfächern, wie Medizin, Chemie, Biologie etc. nicht per Online-Unterricht durchzuführen – Voraussichtlich auch nicht in 20 Jahren…
Meine persönlichen Vorteile beim E-Learning
Der aus meiner Sicht größte Vorteil von E-Learning ist, dass zeit- und ortsunabhängig gelernt werden kann. Je nach Vorkenntnissen können Lernort, Lerntempo und Reihenfolge der Lerninhalte frei bestimmt werden. Diese Flexibilität hat man beim Fernstudium allerdings auch bei traditionellen Lernmaterialien.
Ein großer Pluspunkt für das E-Learning ist, verschiedene Aufnahmekanäle für unterschiedliche Lerntypen zur Verfügung stehen. Ob Lesen, Audio, Video, Animation etc. – Hier kann jeder auf das Medium zurückgreifen, mit dem er am effizientesten lernt. Selbst abstrakte Inhalte können so z.B. mithilfe von Simulationen anschaulich gemacht werden.
Zudem gehen bei Online-Angeboten Dokumentation und Wiederholungen einfacher und die Lernobjekte sind wieder verwendbar. So konnte ich mir die Lernvideos von Lecturio z.B. so oft anschauen. Eine klassische Vorlesung hingegen kann man nicht einfach vor- und zurückspulen oder wiederholen drücken.
Ein weiterer wichtiger Vorteil von E-Learning ist aus meiner Sicht, dass unterschiedliches Vorwissen besser ausgeglichen wird. Bei mir lag z.B. Mathe schon einige Jahre zurück, sodass ich zunächst mein Mathe-Grundwissen auffrischen musste. In einer Vorlesung wäre ich wohl kaum mit dem Lernstoff mitgekommen.
Bei Online-Angeboten hingegen kann man individuelle Wissenslücken schließen und eine öffentliche „Bloßstellung“ vor anderen Teilnehmern vermeiden. Ebenso können auch Lernkontrollen und Wiederholungsaufgaben individualisiert werden.
Im Gegensatz zu traditionellen Lehrmitteln sind Online-Kurse interaktiv, sodass der Lernprozess eine flexiblere und netzwerkartige Struktur einnehmen kann. Die Teilnehmer werden just in time mit allen wichtigen Lerninhalten und Informationen versorgt, können schnell reagieren und asynchron zusammenarbeiten. Insgesamt liegt beim E-Learning eine viel höhere Interaktivität über dem gesamten Lernprozess.
Fazit
Frau Merkel erntete für ihren Twitter-Hit „Das Internet ist für uns alle Neuland“ zwar einen regerechten Shitstorm, doch drückt dieser unbedachte Ausspruch aus, was viele Menschen denken.
Klar gehört das Internet mittlerweile zum Alltag, ebenso, wie E-Learning mittlerweile fester Bestanteil von Bildungsangeboten ist – Insbesondere auf dem Fernstudienmarkt.
Allerding darf nicht vernachlässigt werden, dass der Mensch mit dem technischen Fortschritt mitwachsen muss. Und das dauert bekanntlich länger, als eben mal eine neue Software zu programmieren.
E-Learning macht nur dann Sinn, wenn man die Medien versteht, mit ihnen umgehen kann und sie für den persönlichen Lernprozess zu nutzen weiß.
Die Frage ist zudem nicht, ob man E-Learning-Angebote nutzen KANN, sondern überhaupt WILL. Obwohl ich selbst in der Internetbranche arbeite, wäre ein reines Online-Studium nichts für mich. Zwar habe ich zu Zeiten meines Fernstudiums durchaus Online-Vorlesungen zu schätzen gelernt, dennoch überwiegen für mich die Vorteile eines Präsenzstudiums. Mittags in der Mensa treffen, sich mit anderen während der Vorlesungen langweilen, gemeinsam an Gruppenarbeiten sitzen oder in der Bibliothek abhängen – Ein Studentenleben ist doch was Schönes!
Beim E-Learning fallen die sozialen Kontakte zu Profs, Dozenten, Tutoren und Kommilitonen reduzierter aus, was den Erfahrungsaustausch schwieriger macht. Auch bleiben so öfter Fragen ungeklärt.
Klar gibt es Email, Chatrooms, Diskussionsforen und andere spezielle Plattformen. Der kleine, aber feine Unterschied besteht darin, dass man hier selbst aktiv werden muss und nicht bereits „mittendrin“ ist. Zudem wird digitale Kommunikation meiner Ansicht nach niemals den Face-to-Face-Kontakt ersetzen können.
Das das Wissen zu einem größeren Teil selbst erarbeitet werden muss, ist für E-Learning ein größeres Ausmaß an Selbstdisziplin und Selbstlernkompetenz nötig. Auch daran ist schon so manches Fernstudium gescheitert.
Und mal ganz abgesehen davon, dass Bildschirmlernen für die meisten ermüdender ist, als z.B. Lesen vom Papier, so empfinden viele auch die hohe Flexibilität als lästig. Da der Lernstoff immer und überall verfügbar ist, wird auch in der Freizeit oder am Arbeitsplatz gelernt. Präsenzveranstaltungen mit festen Unterrichtszeiten haben da den Vorteil, dass man besser zwischen Studium und Freizeit trennen kann.
Unterm Strich finde ich, dass E-Learning grundsätzlich eine Bereicherung für Lernangebote ist, da die Lernsysteme wesentlich flexibler, interaktiver und anpassungsfähiger (auf den einzelnen Teilnehmer) sind.
Einen vollständigen Ersatz für Präsenzanteile wird E-Learning – Insbesondere hinsichtlich der Vermittlung praktischer Fähigkeiten oder soziale Kompetenzen – wohl nicht bieten können. In vielen Fällen wird Blended Learning, also die Kombination aus Präsenzunterricht und mediengestütztem Lernen am sinnvollsten sein. So lassen sich gleichzeitig die Vorteile beider Lernansätze kombinieren und die jeweiligen Nachteile vermeiden.
Der E-Learning-Anteil dürfte in den nächsten Jahren wohl zunehmen, sollte dann aber in erster Linie von didaktischen und nicht von technischen Faktoren bestimmt werden. Denn wie der Begriff „Didaktik“ schon sagt, ist Lehren eine Kunst, die mit den steigenden E-Learning-Angeboten immer anspruchsvoller wird.
Dementsprechend möchte ich meinen Beitrag zur Blogparade von Lecturio mit folgendem Zitat abschließen:
„Es ist die wichtigste Kunst des Lehrers, die Freude am Schaffen und am Erkennen zu erwecken.“ (Albert Einstein)
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