Was soll ich studieren? Vor dieser Frage steht wohl jeder Studienanwärter, schließlich hängen von der getroffenen Wahl mindestens die nächsten drei Jahre ab. Und auch im Hinblick auf die beruflichen Zukunftspläne und Karrierechancen zählt die Wahl eines geeigneten Studiengangs zu den wichtigeren Lebensentscheidungen.
Dabei wird einem die Entscheidung nicht gerade leicht gemacht. Mit Einführung des Bologna-Prozesses wurden bisherige Diplom- und Magisterstudiengänge zunehmend durch Bachelor- und Masterabschlüsse abgelöst. Und die Auswahl ist riesig. So wurden im vergangenen Wintersemester 10/11 insgesamt 6.047 Bachelorstudiengänge und 5.502 Masterstudiengänge angeboten. Bei einer Gesamtzahl von 14.094 Studienmöglichkeiten machen die neuen Studiengänge also mittlerweile 82 Prozent des Studienangebots an deutschen Hochschulen aus. Zum Vergleich: Im Sommersemester 2004 lag der Anteil mit 951 Bachelor- und 1.173 Masterstudiengänge nur bei 19 Prozent.
Aktuell gibt es so viele Studienmöglichkeiten, wie noch nie, was die Wahl des passenden Studiengangs, sowie einer geeigneten Hochschule oder FH nicht gerade leichter macht. Angehende Fernstudenten haben es da etwas leichter, denn das Angebot an Fernstudiengängenist längst nicht so groß, wie an Präsenzuniversitäten. Im Jahr 2011 veröffentlichte die HIS Hochschul-Informations-System GmbH eine Studie zum Status quo und Perspektiven berufsbegleitender und dualer Studienangebote in Deutschland. Dabei wurden erstmals Anzahl und Strukturmerkmale berufsbegleitender Studienangebote analysiert.
Das Ergebnis: An deutschen Hochschulen wurden lediglich 257 berufsbegleitende Bachelorstudiengänge identifiziert. Das entspricht fast nur 4 Prozent des gesamten Bachelor-Studienangebots in der Bundesrepublik. In vielen Fachrichtungen existieren dabei kaum mehr als zehn Studienangebote. Anders sieht es bei den Masterangeboten aus, denn hier ist die Auswahl deutlich größer. So wurden im Rahmen der HIS Studie insgesamt 697 berufsbegleitender Masterstudiengänge recherchiert. Vergleicht man diese Zahl mit den bundesweiten Masterangeboten an deutschen Hochschulen, so beträgt der Anteil der Master-Fernstudiengänge etwa 17 Prozent.
Zusammengefasst kann man also feststellen, dass Berufstätige die Wahl zwischen knapp 1.000 berufsbegleitenden Studiengängen, anstatt zwischen rund 11.600 Präsenzstudiengängen haben. Da scheint es logisch, dass das Fernstudienangebot längst nicht alle Studienfachrichtungen der „normalen“ Universitäten abdecken kann. Oder in den Worten des Studienleiters Karl-Heinz Minks vom HIS-Instituts für Hochschulforschung ausgedrückt:
„Das Gesamtangebot berufsbegleitender Studienmodelle ist durchaus noch ausbaufähig.“
Doch in welchen beliebten Fachrichtungen hat man als Berufstätiger gute Chancen, ein äquivalentes Fernstudienangebot zu finden? Wo liegen die Themenschwerpunkte bei berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiengängen? Und welche Fernhochschulen bieten entsprechende Angebote in den Top Studienfächern an?
Top 20 Studienfächer in Deutschland
Schauen wir uns zur Beantwortung der Fragen zunächst die am stärksten besetzten Studienfächer im Wintersemester 2010/11 an. Welche Studienrichtung verzeichnet die meisten Studenten? Nicht überraschend ist Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit insgesamt 165.022 Studierenden nach wie vor die am häufigsten besetzte Studienrichtung. Mit deutlichem Abstand und etwa nur der Hälfte der BWL-Studenten folgt Maschinenbau, bzw. Maschinenwesen auf Platz zwei. Vergleichbar viele Studenten waren im WS 10/11 im Studienfach Rechtswissenschaften eingeschrieben. Mit insgesamt 71.509 Teilnehmern belegt Allgemein-Medizin Rang vier, gefolgt vom Studienfach Germanistik mit ähnlich vielen eingeschriebenen Studenten.
Wirtschaftswissenschaften scheint nicht nur an der Fernuni Hagen, sondern auch an konventionellen Hochschulen beliebt zu sein. Insgesamt waren im vergangenen Wintersemester knapp 65.000 Studenten deutschlandweit in WiWi-Studiengängen eingeschrieben. Technischer wird es auf Platz sieben mit Informatik und 50.794 Studenten haben sich im letzten Jahr für das Kontrastprogramm Erziehungswissenschaften entschieden. Die Studienfächer Mathematik und Elektrotechnik machen die Top 10 dann voll.
Die beliebtesten 10 Studienfächer machen bereits knapp 68 Prozent der gesamten Studenten in den Top 20 Studienrichtungen aus. Doch verbleibenden 32 Prozent verteilen sich somit auf die verbleibenden Plätze 11-20, angeführt von Biologie mit 43.680 Studenten. Die Studienfächer Anglistik und Psychologie belegen die Ränge 12 und 13. In der Studienrichtung Wirtschaftsingenieurswesen mit wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt waren im WS 10/11 knapp 37.000 Studenten eingeschrieben, gefolgt von Bauingenieurwesen.
Etwas überraschend findet sich die Fachrichtung Wirtschaftsinformatik erst auf Platz 15 wieder. Und im Studienfach Wirtschaftsingenieurswesen mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt waren im Vergleich zu Angeboten mit wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt etwa 5.000 Studenten weniger eingeschrieben. Die letzten drei Plätze unterhalb der 20 am stärksten besetzten Studienfächer im Wintersemester 10/11 belegen nicht gerade die typischen Lieblingsfächer in der Schule, nämlich Chemie, Physik und Geschichte.
Die Top 20 der beliebtesten Studienfächer in Deutschland ist somit bunt gemixt. Von Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften, über Geistes- und Naturwissenschaften, bis hin zu Medizin und technischen Studienfächern ist alles dabei. Doch wie sieht es bei berufsbegleitenden Studienangeboten aus?
Schwerpunkte bei berufsbegleitenden Bachelorstudiengängen
Wie Eingangs bereits erwähnt, kann aufgrund der deutlich geringeren und ausbaufähigen Anzahl an berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiengängen, die hohe Bandbreite der Top 20 Studienfächer kaum wiedergegeben werden. Vor allem der Bereich der berufsbegleitend studierbaren Bachelorstudiengänge ist bisher noch wenig ausgebaut. So finden sich die meisten berufsbegleitenden Bachelorangebote mit 42 Prozent in der Studienrichtung Wirtschaftswissenschaften, gefolgt von den Ingenieurwissenschaften mit 18 Prozent. Allein die Tatsache, dass fast 50 Prozent dieser Studiengänge wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet sind, schränkt die Auswahl für Studieninteressenten anderer Fachbereiche deutlich ein. Natürlich gibt es auch noch weitere Schwerpunkte in anderen Fachrichtungen, wie z.B. Pflege- und Gesundheitswissenschaften, Mathematik, sowie Informatik, allerdings mit einem deutlich niedrigen Anteil.
Schaut man sich an, wer berufsbegleitende Bachelorstudiengänge überhaupt anbietet, so sind es hauptsächlich Fachhochschulen. Lediglich jedes siebte Bachelorangebot per Fernstudium wird von Unis angeboten. Interessant ist, dass es vor allem die privaten Fernhochschulen sind, die in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen konnten. Und obwohl sie staatliche Hochschulen zahlenmäßig deutlich unterlegen sind, so wird fast jeder zweite berufsbegleitende Bachelorstudiengang von einer privaten Hochschule angeboten. Das liegt u.a. daran, dass die Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK 2010) keine weiterbildenden Bachelorstudiengänge kennen. Da es in den in Landeshochschulgesetzen meistens keine Regelungen zur Finanzierung von berufsbegleitenden oder weiterbildenden Bachelorangeboten gibt, werden beruflich Qualifizierten ohne Hochschulabschluss an staatlichen Hochschulen noch zu wenig Möglichkeiten für ein berufsbegleitendes Erststudium eröffnet.
Doch für wie viele der beliebtesten 20 Studienfächer gibt es entsprechende Fernstudienangebote? Bei knapp 50 Prozent wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt sollten die Studienfächer Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftswissenschaften keine Probleme darstellen. So bieten z.B. Fernhochschulen AKAD, PFH und IU Internationale Hochschule und den Fernstudiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor of Arts) an, an der Europäische Fernhochschule Hamburg kann man den selben Abschluss im Fernstudiengang Europäische Betriebswirtschaftslehre erwerben. Und nicht zu vergessen kann man an der Fernuni Hagen natürlich den Bachelor of Arts in Wirtschaftswissenschaften machen.
Die Wilhelm Büchner Hochschule hat sich hauptsächlich auf technisch ausgerichteten wirtschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen spezialisiert. Dort kann man u.a. mit den berufsbegleitenden Bachelorstudiengänge Maschinenbau und Elektro- und Informationstechnik den Abschluss Bachelor of Engineering (B. Eng.) erwerben. Und auch im Studienfach Wirtschaftsingenieurswesen ist die Wilhelm Büchner Hochschule eine gute Adresse, wenn es um berufsbegleitendes Studieren geht. Dort werden sowohl Bachelorstudiengänge mit wirtschaftswissenschaftlichen, als auch mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt angeboten. So kann man an der Wilhelm Büchner Hochschule den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen in den Schwerpunkten Energietechnik, Informationstechnik, Logistik und Produktion belegen. Neben der WB-Hochschule bietet auch AKAD berufsbegleitende Bachelorstudiengänge in den Studienfächern Elektro- und Informationstechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieruswesen an.
Im Studienfach Rechtswissenschaften gibt es ein berufsbegleitendes Studienangebote von der Fernuni Hagen, wo der Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Abschluss Bachelor of Laws (LL.B) angeboten wird. Den selben Abschluss kann man an der Euro-FH im Bachelorstudiengang Wirtschaftsrecht erwerben. Wer Informatik oder Wirtschaftsinformatik per Fernstudium studieren möchte, findet ebenfalls passende Studienangebote. Denn beide Fernstudiengänge werden sowohl an der Fernuni Hagen, als auch an der Wilhelm Büchner Hochschule angeboten. Und auch die AKAD bietet das Fernstudium Wirtschaftsinformatik (Bachelor of Science) an.
Etwas schwieriger wird es, passende Fernstudienangebote in den verbleibenden Studienfächern zu finden. Den Bachelor of Science in Psychologie und Mathematik kann man noch an der Fernuni Hagen erwerben, alternativ kann man im wirtschaftspsychologischen Bereich noch auf den Bachelorstudiengang BWL und Wirtschaftspsychologie an der Euro-FH zurückgreifen. Und auch bei den Studienfächern Erziehungswissenschaften und Geschichte finden sich kaum mehr äquivalente Fernstudienangebote. Ausweihmöhlichkeiten in diesen Themenbereichen wren die Studiengänge Bildungswissenschaft und Kulturwissenschaften mit Fachschwerpunkt Geschichte, Literaturwissenschaft, Philosophie, die beide von der Fernuni Hagen angeboten werden.
Ansonsten sieht es im Fernstudienbereich schon deutlich lichter aus. Bei Medizin kommt man um ein Präsenzstudium wohl kaum herum und Studienfächer, wie Germanistik, Anglistik, Biologie, Chemie und Physik sind wahre Raritäten auf dem Fernstudienmarkt. Eine gute Alternative hierbei sind die Bachelor-Studienangebote der Open University, welche die größte staatliche Universität in Großbritannien und Europa ist. Die meisten Kurse können auch von Deutschland aus studiert werden.
Schwerpunkte bei berufsbegleitenden Masterstudiengängen
Im Vergleich zu berufsbegleitenden Bachelorstudiengängen ist der Bereich der Masterstudiengänge laut der HIS-Studie mehr differenziert und ausgebaut. Auch hier ist die Studienrichtung Wirtschaftswissenschaften am stärksten vertreten. Ganze 46 Prozent aller berufsbegleitenden Masterprogramme, wieder gefolgt von Ingenieurwissenschaften (11 Prozent). Allerdings sind beim Master-Fernstudium Universitäten und FHs in etwa gleichem Maße vertreten. Berufsbegleitende Masterstudiengänge sind diesmal keine Domäne der privaten Hochschulen. Ganz im Gegenteil: Zwei Drittel aller Masterprogramme werden von staatlichen Hochschulen angeboten.
Die Fernuni Hagen deckt mit ihren Masterstudiengängen bereits sieben der Top 20 Studienfächer ab. Dort kann man den Master in Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaft, Elektrotechnik und Informationstechnik, Informatik, Wirtschaftsinformatik, Psychologie, sowie Mathematik machen. Das Masterangebot an der AKAD reicht von Betriebswirtschaftslehre (Master of Arts), über Wirtschaftsinformatik (Master of Science), bis hin zu Wirtschaftsingenieurwesen (Master of Engineering). Und auch die Wilhelm-Büchner-Hochschule bietet Masterstudiengänge in Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsingenieurwesen an.
Einen großen Anteil der Masterprogramme machen spezialisierte, betriebs- und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge aus. So bietet die Euro-FH Masterstudiengnge in Wirtschaftspsychologie, General Management, sowie Business Coachin and Change Management an. An der PFH kann man neben einem Master in Betriebswirtschaftslehre auch noch an den Programmen Advanced Management (Master of Arts), sowie den MBA (Master of Business Administration) teilnehmen. Die Allfinanz-Akademie hat sich ausschließlich auf den MBA spezilisiert und an der IU wird der Masterstudiengang General Management angeboten.
Wie man sieht, ist gerade ein Großteil der berufsbegleitenden Masterstudiengänge sehr wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet. Z.B. sind naturwissenschaftliche Fachrichtungen im Master so gut wie gar nicht per Fernstudium studierbar. Alternative wäre auch hier wieder die Open University, welche über ein umfangreiches berufsbegleitendes Masterangebot verfügt.
Fazit
Sowohl die berufsbegleitenden Bachelor-, als auch Masterstudiengänge sind derzeit stark wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet. Zwar gibt es auch Fernhochschulen mit spezialisierten Angeboten (z.B. die Apollon-Hochschule im Bereich Gesundheitswirtschaft), allerdings liegen solche Angebote zahlenmäßig auf deutlich niedrigerem Niveau. Die Fernuni Hagen als einzige staatliche Fernuniversität in Deutschland deckt bereits viele der beliebtesten Studienfächer in ihrem Studienangebot an. Ansonsten werden die meisten berufsbegleitenden Bachelorstudiengänge von privaten Hochschulen angeboten, bei den Masterangeboten ist deren Dominanz nicht ganz so stark.
Interessant ist, dass im Vergleich zu reinen Präsenzstudiengängen im Fernstudienbereich deutlich mehr Master-, als Bachelorstudiengänge angeboten werden. Wie bereits erwähnt liegt dies an den Strukturvorgaben der KMK, denn diese kennen zwar keine weiterbildenden Bachelorstudiengänge, sehen allerdings explizit einen weiterbildenden Typ des Masterstudiums vor. Somit können neben privaten Anbietern, auch mehr staatliche Hochschulen Masterstudiengänge anbieten, da die organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen für solche Studiengänge gegeben sind. Ein weiterer Unterschied zu berufsbegleitenden Bachelorstudiengängen besteht in de Tatsache, dass sich Masterprogramme hauptsächlich an Hochschulabsolventen richten, die bereits mit den Anforderungen einer akademischen Weiterbildung vertraut sind. Der Master ohne Bachelor ist hier immer noch die Ausnahme.
Auch für die Zukunft ist zu erwarten, dass der Anteil an berufsbegleitenden Masterstudiengängen noch weiter zunehmen wird. Alleine an der Fernuni Hagen sind 80 Prozent der Studierenden berufstätig und 35 Prozent haben bereits ein Erststudium absolviert. Mit einem Altersschwerpunkt zwischen 29 und 35 Jahren stehen die Fernstudenten mitten im Leben und streben mit einem Fernstudium bessere Karrierechancen an. Sicherlich wären nur die wenigsten bereit, ihre Berufstätigkeit für ein Masterstudium vollständig zu unterbrechen.
Studieninteressierte können von dem wachsenden Angebot an berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiengängen nur profitieren, auch wenn mit Sicherheit nicht alle Studienfächer abgedeckt werden können. Gerade im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich ist das Angebot riesig, sodass es nicht gerade leicht ist, den richtigen Studiengang zu finden. Wichtig hierbei ist, gründlich zu Recherchieren und sich eine Übersicht zu den einzelnen Studienangeboten und Anbietern zu machen. Denn auch auf dem Fernstudienmarkt tummeln sich schwarze Schafe unter den Anbietern, die z.B. keine staatlich anerkannten Abschlüsse vermitteln oder unseriösen Versprechen machen. Daher sollte man bei den Studiengängen immer auf die staatliche Anerkennung und Akkreditierung achten. Eine seriöse Studienberatung kann die Wahl des passenden Studiengangs erleichtern.
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